Verleihung Christian Roller Preis
2008 / 2010 / 2012 / 2016 / 2018
Forschungsprojekt zur Verbesserung
der psychiatrischen Behandlungsfrequenz
bei Risikopersonen mit drohendem
Wohnungsverlust prämiert


Zum dritten Mal vergaben die Illenauer Stiftungen den 2005 geschaffenen Christian Roller Preis im Rahmen des wichtigsten regionalen Kongresses für Neurologen und Psychiater. Die mit 120.000 Euro Preisgeld höchst dotierte Auszeichnung der Psychiatrie in Deutschland ging in diesem Jahr an Prof. Dr. Hans Joachim Salize, Leiter der Arbeitsgruppe Versorgungsforschung am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Prämiert wurde eine Pilotstudie zur Verbesserung der psychiatrischen Behandlungsprävalenz bei Risikopersonen vor dem Abrutschen in die Wohnungslosigkeit. Prof. Dr. Thomas Becker, Vorsitzender des Preiskuratoriums, übergab den Preis.

Zehn teils hochkarätige Bewerbungen für den Christian Roller Preis gingen bei den Illenauer Stiftungen ein. Doch das Vorhaben von Prof. Dr. Salize und seinem Team hatte die Jury überzeugt, insbesondere wegen seiner gesundheits- und sozialpolitischen Bedeutung. Denn auch wenn Zusammenhänge nur schwer nachweisbar sind ist es unstrittig, dass wirtschaftliche Krisenperioden die Problematik psychiatrischer Störungen bei drohender Wohnungslosigkeit verschärfen. In der näheren Zukunft ist daher mit erhöhten Zuwachsraten psychisch kranker Menschen in prekären sozialen Lagen und einem verstärkten Risiko der Wohnungslosigkeit zu rechnen.

"Die Illenauer Stiftungen sichern mit dem Preisgeld von 120.000 Euro die Anschubfinanzierung einer Studie zur Prävention vor sozialem Abstieg und zur Erhöhung der Behandlungsfrequenz und Haltequote bei Personen mit drohendem Wohnungsverlust und psychischen Störungen," so Dr. Rolf-Dieter Splitthoff, der Verwaltungsratsvorsitzende. Mit Hilfe der Forschungsergebnisse werden Planungsdaten und empirische Evidenz gewonnen, die zur Verringerung unbehandelter psychiatrischer Prävalenz in der Risikogruppe beitragen und sozialen Notlagen sowie psychiatrischer Chronifizierung vorbeugen sollen. Außerdem können die gewonnenen Daten zur effektiven Vernetzung von gemeindepsychiatrischen Angeboten mit kommunalen Sozialdiensten und der Wohnungslosenhilfe beitragen. Solch eine Vernetzung trägt zur Vermeidung von sozialen und medizinischen Folgekosten bei.

Der Christian Roller Preis ist eine Auszeichnung für hervorragende Projekte in der Gestaltung sozialpsychiatrischer, psychosozialer und rehabilitativer Einrichtungen sowie der Begleit- und Versorgungsforschung und wird alle zwei Jahre verliehen. Der Namensgeber Christian Roller (1802 – 1878), Gründer und erster Direktor des einstigen badischen Modellkrankenhauses, der Großherzoglich-Badischen Heil- und Pflegeanstalt Illenau bei Achern, hat die heutige Psychiatrie richtungsweisend geprägt. Die zahlreichen Stiftungen während des hundertjährigen Bestehens der Illenauer Anstalt wurden nach deren Schließung zu den Illenauer Stiftungen zusammengefasst. Sie erfüllen heute im Einzugsgebiet der süd- und nordbadischen psychiatrischen Landeskliniken ihre satzungsgemäßen Aufgaben.


Preisträger Christian Roller Preis 2010
Prof. Dr. Hans Joachim Salize

Der Preisträger des Christian Roller Preises 2010, Prof. Dr. Hans Joachim Salize, studierte Soziologie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Er promovierte 1997 mit einer Arbeit über das Thema "Kosten der Versorgung von Patienten mit Schizophrenie". Habilitiert wurde er im Jahr 2002 an der Universität Heidelberg im Fach Epidemiologie in der Psychiatrie, eine außerplanmäßige Professur erhielt er 2006 ebenfalls an der Universität Heidelberg. Seit 1991 ist Prof. Dr. Salize am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim tätig, 2002 übernahm er die Leitung der Arbeitsgruppe Versorgungsforschung. Sein Tätigkeitsschwerpunkt sind empirische Untersuchungen im Bereich Versorgung psychisch Kranker sowie die wissenschaftlich fundierte Planungsberatung von öffentlichen Körperschaften hinsichtlich aller Fragen der psychiatrischen Versorgung. Im Zentrum stehen dabei unter anderem Fragestellungen aus den Bereichen psychiatrische Gesundheitsökonomie, die Effektivität psychiatrischer Versorgung und die Gesundheitssystemanalyse sowie die gesundheitliche und soziale Lage spezieller Risikogruppen wie beispielsweise Wohnungslose oder chronisch psychisch Kranke.

Baden-Baden, 29. Mai 2010